Die Dienstleister- und Freiberuflerbranche ist aktuell sehr verunsichert. Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist zum 1.4.2017 in Kraft getreten. Die Bundearbeitsministerin Andrea Nahles hat mit der Reform des AÜG den Markt für IT-, Finanz- und Ingenieurleistungen in Unruhe versetzt. Wir prüfen, wie Sie weiter ungestört Ihren Job machen können.
AÜG-Änderung seit 1.4.2017 in Kraft
Die Änderung des AÜG ist seit dem 1.4.2017 in Kraft. Es geht zurück auf den Koalitionsvertrag von SPD und CDU. Auf der Pressekonferenz zu Leiharbeit und Werkverträgen fasst Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles die Initiative wie folgt zusammen (Siehe Videomitschnitt vom 1.6.2016):
Der heutige Kabinettsbeschluss hat drei zentrale Ziele:
- Erstens sorgen wir dafür, dass gute Arbeit auch fair bezahlt wird.
- Zweitens schieben wir dem Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen einen Riegel vor.
- Und drittens erhalten Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Möglichkeit, die Bedingungen für mehr Flexibilität und Sicherheit auszuhandeln. Wer mehr Flexibilität will, muss mehr Sicherheit bieten, damit stärken wir die Sozialpartnerschaft. Das macht die Sozialpartner gemeinsam stark.
Was ändert sich für Dienstleister, Freiberufler und Ihre Kunden?
Für Dienstleister und Freiberufler fassen wir die wesentlichen Änderungen nachfolgend zusammen:
- Scheinwerkverträge bzw. Scheindienstleistungsverträgen sind unmittelbar verdeckte Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ). Die sog. Fallschirmlösung, das ist die Beantragung einer Erlaubnis zur ANÜ auf Vorrat, ist entfallen.
- Kunden und Dienstleister trifft die Pflicht, den Vertrag als ANÜ zu kennzeichnen und die Personen konkret zu benennen, die dem Kunden entliehen werden (Leiharbeiter).
- Der Kettenverleih ist verboten. Dieser liegt auch vor, wenn Freelancer oder andere Subunternehmer für den Dienstleister über einen Scheinwerkvertrag beim Kunden arbeiten.
Die wichtigste Folge einer verdeckten ANÜ ist die gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kunden und dem Leiharbeiter. Neben Bußgeldern bis zu 30.000 EUR treffen den Kunden u.a. die Pflicht die Beiträge zur Sozialversicherung sowie Steuern rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Überlassung zu bezahlen. Je nach Projekteinsatz kann sich dabei eine erhebliche Summe ergeben.
Dienstleister von IT-, Finanz- und Ingenieurleistungen müssen noch sorgfältiger Arbeiten
Neben den Verträgen über ANÜ empfehlen wir Dienstleistern und Ihre Kunden auch unbedingt Ihre Sourcing- Verträge für Projekte und andere Dienstleistungen prüfen. Das geht ebenso für die tatsächliche Umsetzung.
Unproblematisch sind Verträge, die hinreichend sorgfältig als Dienst- oder Werkverträge gestaltet sind und entsprechend gelebt werden. Darin ist die Leistung detailliert beschrieben, die Mitwirkungen und Beistellungen sind klar definiert, Aus- und Abgrenzungen sowie Regelungen zur Zusammenarbeit und Organisation angemessen vereinbart.
Nicht ausreichend sind z.B. Projektverträge mit dem Titel „Unterstützung im Projekt x im Jahr 2017“ für EUR pro Stunde zur Leistung Räumen. Diese Verträge sind sehr wahrscheinlich als Schein-Werk- oder Dienstverträge zu beurteilen. Sie sollten dringend überarbeitet werden.
Zur Vertiefung empfehlen wir den Beitrag von Kristian Borkert in der GULP Knowledge Base: